11 Die Verwerfung des Monte Caslano und die Pioniervegetation

Adaptation von: P. Schildknecht & C.A. Burga, Geographisches Institut der Universität Zürich, 2008

Verteilung von Land und Meer im Paläogen und Position der Entstehungsumgebung der Gesteine des Monte Caslano (Stern).

Die Verwerfung des Monte Caslano (im Schatten des Fotos von Osten, in der Zeichnung rot) schneidet den Berg in zwei Blöcke, die bei der Entstehung der Alpen auseinander gerutscht sind.
Die hohen vertikalen Wände in diesem Punkt sind eine Folge dieser Bewegungen.

 

Bild: Museo cantonale di storia naturale

Das Meer, das seit der Trias die Wiege des Lugano- Gesteins war, begann sich am Ende der Kreidezeit, infolge der Verdichtung zwischen Afrika und Europa, zu schliessen. Die auf seinem Boden abgelagerten Sedimente begannen sich zu verformen, was zur Bildung einer neuen Gebirgskette führte: den Alpen. Als Folge davon sind die teils vertikalen Felsen des Monte Caslano heute stark nach Süden gerichtet. Diesen Verschiebungen ist auch die Entstehung der Verwerfung des Monte Caslano zuzuschreiben. Die fast senkrechte nach Ost-West ausgerichtete Felsfläche durchschneidet den Dolomit und teilt den Berg in zwei Blöcke, die auseinander geglitten sind. An diesem Punkt ist die Verwerfungsebene exponiert und bildet steile instabile Wände und ausgedehnte Schuttablagerungen am Fusse des Berges.

Auf diesen Ablagerungen und in den stillgelegten Steinbrüchen an der Süd- und Westflanke des Berges entwickelt sich eine erstaunliche Pioniervegetation. Diese Pionierpflanzen sind in der Lage, auch unwirtliche Untergründe aus grobem Kies, geringer Mineralfraktion und fast ohne Humus zu besiedeln. In diesen Geröllhalden sind vereinzelte Bäume zu finden. Die häufigsten Arten sind der Mehlbeerbaum, die Hopfenbuche, die Waldföhre und die Schwarzkiefer, eine exotische Art, sie sich inzwischen etabliert hat. Dazu gesellen sich einige wärmeliebende (thermophile) und dürreresistente Büsche wie die Felsenmispel, die Felsenkirsche und der Felsen-Kreuzdorn, eine im Tessin recht seltene Art. Die krautige Schicht ist schlecht entwickelt und uneinheitlich. Sie besteht aus thermophilen Pionierarten, die kalkhaltigen Boden besiedeln, wie etwa das elegante Rosmarin-Weidenröschen, der Berg-Gamander und die braunrote Stendelwurz.

 

Langfristig wird die Pionierformation wahrscheinlich durch den Hopfenbuchen-Buschwald ersetzt.

Fotos: Museo cantonale di storia naturale